17.11.2023

Gesunde Pflanzen und Ressourcenschonung: Überwachung von Zierpflanzen mit Mikrodisplays und neuronalen Netzen

Ressourcenschonung und sichere Erträge sind im Pflanzenbau ebenso essenziell wie in anderen Zweigen der Landwirtschaft. Um im Zierpflanzenbau künftig Düngeprozesse zu optimieren und somit die Umwelt zu schonen, haben Forscher am Fraunhofer-Institut für Organische Elektronik, Elektronenstrahl- und Plasmatechnik FEP gemeinsam mit dem Sächsischen Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie (LfULG) im Projekt ZierSens (finanziert aus Mitteln des Freistaates Sachsen) an einer Technologie zur frühzeitigen Erkennung von Mangelzuständen oder Überschüssen an Nährstoffen in Zierpflanzen geforscht. Durch den Einsatz von bidirektionalen OLED-Mikrodisplays in Kombination mit neuronalen Netzen sollen so Düngeprozesse künftig optimiert werden können. Erste Ergebnisse werden auf der W3+ Fair in Jena, vom 29. – 30. November 2023, am Stand Nr. C12 vorgestellt.

Bidirektionales Mikrodisplay zur Zustandsüberwachung an Zierpflanzen

© Sächsisches Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie

Der Zierpflanzenbau ist in nahezu allen deutschen Landkreisen vorwiegend mit kleinen und mittleren Betriebsgrößen lokal verankert. Im Jahr 2022 betrug der Produktionswert der in Deutschland erzeugten Blumen und Zierpflanzen rund 1,2 Milliarden Euro. Mit Schnittblumen wurde z. B. ein Umsatz in Höhe von rund 3,1 Milliarden Euro erzielt.1 Damit der Pflanzenbaubereich in Deutschland weiter wettbewerbsfähig bleibt, ist er auf sichere und hohe Erträge angewiesen. Entscheidende Faktoren hierfür sind unter anderem erfolgreiche Pflanzenzüchtungen, Pflanzenschutz und optimale Düngung, um Ressourcen und Böden zu schonen.

Im Rahmen des Projekts ZierSens wurde am Fraunhofer FEP an einer Technologie gearbeitet, die Defizite oder Nährstoffüberschüsse bei Zierpflanzen zeitnah erkennen soll. Das Institut hat jahrzehntelange Erfahrung in der Entwicklung anwendungsspezifischer OLED-Mikrodisplays für unterschiedlichste Einsatzzwecke. Dabei ist auch die Kombination von OLED-Lichtquellen und Photodioden auf einem Siliziumchip möglich. Sogenannte bidirektionale Mikrodisplays sind damit in der Lage, Licht wellenlängenspezifisch zu emittieren und gleichzeitig zu detektieren.

Diese Technologie ermöglicht die Messung und Auswertung kleiner Flächen für die Oberflächeninspektion in unterschiedlichen Anwendungsbereichen. Im Projekt wurde sie konkret dazu genutzt, den Zustand einer Zierpflanze hinsichtlich möglicher Unter- oder Überversorgung zu erkennen. Dabei wird ein Blatt einer Zierpflanze mithilfe einer Mechanik auf das Mikrodisplay gedrückt, welches das Blatt anleuchtet und das zurückfallende Licht detektieren und auswerten kann. In umfangreichen pflanzenbaulichen Versuchen am LfULG wurden Pflanzen in unterschiedlichen Ernährungszuständen hergestellt und Aufnahmen von Blättern in verschiedenen Stadien angefertigt. Mit diesen Aufnahmen wurden künstliche neuronale Netze trainiert, um Blatteigenschaften automatisch zu identifizieren.

Im Vergleich zu herkömmlichen Messsystemen, die eine Vielzahl von Messungen benötigen und einen gemittelten Wert innerhalb des Messflecks verwenden, bieten bidirektionale OLED-Mikrodisplays eine ortsaufgelöste Messung. Dadurch können an einer Messstelle mehrere Messwerte generiert werden, die in direktem Zusammenhang zueinander stehen. Dies soll eine gezieltere Düngung und somit eine effizientere Nutzung der Ressourcen ermöglichen und damit eine Reduktion der Umweltbelastung.

Judith Baumgarten, Projektleiterin am Fraunhofer FEP, erläutert: „Dem Projekt lag die Hypothese zugrunde, dass man einen Mangel oder Überschuss an Nährstoffen frühzeitig an kleinsten Veränderungen in der Blattfärbung ausmachen kann. Mit der Nutzung unserer bidirektionalen Mikrodisplaytechnologie haben wir verschiedene Effekte erzielt, die diese Annahme nicht widerlegen, aber auch noch nicht 100-prozentig bestätigen. Dennoch konnten wir das Messsystem weiterentwickeln und die Grundsteine für die Auswertung farbiger Kamerabilder legen. Wir sehen damit ein großes Potenzial für den Pflanzenbau der Zukunft mit Unterstützung smarter Technologien.“ Referatsleiter Zierpflanzenbau und Projektleiter am LfULG, Dr. Sven Schubert, ergänzt: „Für einen ressourcenschonenden und nachhaltigen Gartenbau ist der Einsatz moderner Technologien unverzichtbar. Die Grundlage für die Weiterentwicklung der Sensortechnologie bilden die in den pflanzenbaulichen Versuchen gesammelten Daten.“

Zusätzlich haben die Wissenschaftler neuronale Netze trainiert, um die Pflanzenart, die Blattseite und das Blattalter der verwendeten Zierpflanzen zu identifizieren. Ein weiteres neuronales Netz zur automatischen Segmentierung der Aufnahmen in die Bereiche Blattfläche, Blattader, Blattmusterung und Fehlstellen wurde ebenfalls erarbeitet.

Die Erforschung der neuen Technologie stellte das Fraunhofer FEP vor einige Herausforderungen. Zum einen war eine adäquate Abbildung von Blättern mit spezieller Topologie, wie zum Beispiel bei Primeln, erforderlich, wofür weitere Optimierungen der Sensorhardware notwendig waren. Zum anderen mussten Modelle zur Auswertung erstellt werden, wobei aufgrund der unterschiedlichen Eigenschaften der Pflanzen ein sehr großes neuronales Netz erforderlich wäre. Damit wäre eine Berechnung nicht mehr auf mobilen Endgeräten möglich, wie sie aber im smarten Pflanzenbau nötig sind. Deshalb verfolgt das Fraunhofer FEP einen kaskadierten Ansatz mit mehreren kleineren Netzen, deren Ressourcenbedarf deutlich geringer ausfällt.

In diesem Proof-of-Concept sehen die Forscher des Fraunhofer FEP großes Potenzial für die Pflanzenzucht bzw. den Zierpflanzenbau und stellen erste Projektergebnisse und Mikrodisplaytechnologien im Rahmen der W3+ Fair, in Jena, vom 29. – 30. November 2023, am Stand Nr. C12 vor.

Über das Projekt

ZierSens - Nutzung eines All-In-One CMOS Bildsensors mit OLED-Mikrodisplay für die Bestimmung von Pflanzeninhaltsstoffen zwecks Düngungsoptimierung am Beispiel von Zierpflanzen
In Zusammenarbeit mit dem Sächsischen Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie, finanziert aus Mitteln des Freistaates Sachsen.
Laufzeit: 09/19 – 08/23

Fraunhofer FEP auf der W3+ Fair 2023

W3+ Fair Fair & Convention
Sparkassen-Arena Jena
29. – 30. November 2023
Stand Nr. C12