30.09.2022

Großforschungszentren für sächsische Strukturwandelregionen: Astronomie für die Lausitz und Chemie für Leipzig

Deutsches Zentrum für Astrophysik und »Center for the Transformation of Chemistry« gewinnen Ideenwettbewerb

Die Entscheidung, welche Anträge auf künftige Großforschungszentren in der Lausitz und im mitteldeutschen Revier in dem themenoffenen Wettbewerb „Wissen.schafft.Perspektiven“ realisiert werden können, ist gefallen. Bundesministerin Stark-Watzinger und die Ministerpräsidenten Kretschmer und Haseloff verkündeten am 29.09.2022: Das Deutsche Zentrum für Astrophysik (DZA) kommt in die sächsische Lausitz. In Delitzsch bei Leipzig entsteht in einer ehemaligen Zuckerfabrik das Center for the Transformation of Chemistry (CTC).

Bundesforschungsministerin Bettina Stark-Watzinger erläuterte hierzu: »Wir müssen den Strukturwandel in den Kohleregionen gestalten und den Menschen Perspektiven geben. Dazu ist Forschung der Schlüssel. Mit der Entscheidung zur Gründung von zwei Großforschungszentren setzen wir heute einen Meilenstein. Das Deutsche Zentrum für Astrophysik und das ‚Center for the Transformation of Chemistry‘ werden der sächsischen Lausitz und dem mitteldeutschen Revier ein unverwechselbares wissenschaftliches Profil verleihen und für die Regionen wichtige Arbeitsplätze schaffen. Die beiden Großforschungszentren sollen der deutschen Forschungslandschaft insgesamt starke neue Impulse auf Topniveau geben, um die Herausforderungen unserer Zeit anzugehen. Allein der Bund wird bis 2038 jedes der beiden Zentren mit mehr als 1,1 Milliarden Euro finanzieren.«

Der Wettbewerb »Wissen schafft Perspektiven für die Region!« ist eine gemeinsame Initiative des Bundes, des Freistaats Sachsen und des Landes Sachsen-Anhalt. Der Ideenwettbewerb basiert auf dem Strukturstärkungsgesetz Kohleregionen (StStG). Eine Perspektivkommission hatte im Juli 2021 sechs Bewerber ausgewählt, die ihre ausgearbeiteten Konzepte im Mai 2022 zur Begutachtung vorgelegt haben. Auf Grundlage der unabhängigen wissenschaftlichen Bewertung haben der Bund und die beiden Länder gemeinsam die zwei Gewinner ausgewählt.

Deutsche Zentrum für Astrophysik (DZA)

Viele Beispiele zeigen: Astronomische Forschung verändert Regionen nachhaltig. Mit seiner einzigartigen Kombination von Forschung und Entwicklung in der IT, Sensortechnik und Materialforschung und seinem Bedarf an Fertigungsstätten wird das DZA ökonomische Impulse setzen und mindestens 3.000 zukunftsfähige Arbeitsplätze am Zentrum und im Umfeld schaffen.

Das Portfolio des DZA ist vielfältig, es bietet Jobs im wissenschaftlichen, aber noch deutlich mehr im nicht-wissenschaftlichen Bereich. Mit einem Zentrum für Innovation und Transfer (ZIT) geht das DZA dabei neue Wege der Zusammenarbeit von Forschung und Wirtschaft. Durch frühzeitige, enge Kooperationen mit Industrie, Universitäten und außeruniversitären Forschungsorganisationen sollen gemeinsam neue Technologien entwickelt werden. Durch internationale Sichtbarkeit und Vernetzung will das DZA Fachkräfte anziehen und Perspektiven für junge Menschen in der Region schaffen.

Kooperationspartner sind die Universitäten, allen voran die TU Dresden, und Unternehmen in der Technologieentwicklung und der Datenverarbeitung. Auch mehr als 50 – in der Mehrzahl kleine und mittelständige – Firmen haben die Initiative des DZA unterstützt. Für den Wissenschaftsstandort Deutschland ist seine Gründung zudem von strategischer Bedeutung. Das DZA wird für die deutsche Wissenschaft den Zugang zu zukünftigen internationalen Großprojekten gewährleisten und so auch der Industrie Möglichkeiten eröffnen, sich an Ausschreibungen zu beteiligen.

Das DZA ist eine gemeinsame Initiative der Astronomie und Astroteilchenphysik in Deutschland. Zur Initiative gehören viele namhafte Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, unterstützt von den großen deutschen Wissenschaftsorganisationen. Die Standorte werden in Görlitz und im Kreis Bautzen sein. Nach der Aufbauphase ist in der Endausbaustufe eine jährliche Förderung von rund 170 Mio € vorgesehen, im Zentrum selbst werden mehr als 1.000 Mitarbeitende beschäftigt sein. Federführend für die Initiative und designierter Gründungsdirektor des DZA ist der wissenschaftliche Direktor der Europäischen Weltraumorganisation ESA Prof. Dr. Günther Hasinger.

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Center for the Transformation of Chemistry (CTC) im Mitteldeutschen Revier

Das vom Potsdamer Max-Planck-Institut initiierte Konzept erhält 1,25 Milliarden Euro Förderung, um die bisher lineare Chemiewirtschaft in eine nachhaltige Kreislaufwirtschaft zu transformieren. Die hohe Abhängigkeit der Chemie von fossilen Quellen einerseits als Energielieferant für Herstellungsprozesse und andererseits als Rohstoffbasis für chemische Stoffe und Produkte macht das bestehende System anfällig für Krisen aus Preisanstiegen und Unsicherheiten in den Zulieferketten. „Um die Versorgung und das Funktionieren der gesamten Wirtschaft am Standort Deutschland zu sichern, ist es dringend notwendig, Ausgangsstoffe, Prozesse und Produkte neu zu denken und die bisher linear geprägte chemische Industrie, die zudem große Mengen Kohlenstoffdioxid sowie giftige Abfälle und Abwässer produziert, langfristig als widerstandsfähige Kreislaufwirtschaft zu etablieren“, erklärt Peter H. Seeberger, Direktor am Max-Planck-Institut für Kolloid- und Grenzflächenforschung die Ziele des CTC. Er fügt hinzu: „Kostengünstige und nachhaltige Produktionsprozesse hauptsächlich aus nachwachsenden Rohstoffen oder recycelten Materialien unter Einhaltung höchster Arbeitsschutz- und Umweltstandards und drastisch verkürzter Transportwege müssen sichergestellt werden.“

Aufgebaut wird das CTC in Delitzsch, rund 20 km nördlich von Leipzig, und knüpft damit an die lange Tradition im Chemiedreieck Halle/Merseburg/Bitterfeld an. Auf dem Gelände der ehemaligen Zuckerfabrik wird in den nächsten Jahren das CTC als bisher erste Forschungseinrichtung im Landkreis Nordsachsen etabliert. Der Campus mit dem Neubau des Großforschungszentrums, angrenzenden Wohnquartieren und einem eigenen S-Bahn-Anschluss mit Verbindungen nach Leipzig und Halle lässt einen neuen Stadtteil in Delitzsch wachsen. Durch das CTC und weitere Ansiedlungen in Delitzsch und in der Region werden bestehende Arbeitsplätze gesichert und neue geschaffen.

Unterstützt werden Aufbau und Entwicklung des CTC von bereits jetzt mehr als 100 Partnern aus Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft vor Ort, im Mitteldeutschen Revier, in Deutschland und weltweit. In enger, interdisziplinärer Zusammenarbeit wird die Transformation der Chemie in Forschung und Industrie vorangetrieben, aber auch z. B. neue Studien-, Aus- und Weiterbildungsangebote entwickelt werden. In den Aufbau des CTC bringen die Universität Leipzig und die Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg neben der Expertise zahlreicher Wissenschaftler:innen vor allem auch das Konzept für eine eigenständige Forschungs-, Lehr- und Organisationseinheit als institutionelle Brücke zum Großforschungszentrum ein.

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